Zertifizierung aeronautischer Daten
Vor kurzem gab es in einigen Foren einiges an Diskussion über die Anwendbarkeit von OFM Sichtflugkarten, besonders, da jede Karte einen Haftungsausschluss enthält. Dieser Haftungsausschluss muss allerdings veröffentlicht werden, da die Daten in der Datenbank nicht für Navigationszwecke zertifiziert werden. Einige Kommentare argumentieren „Welchen Zweck hat eine Karte, die man nicht für Navigation benutzen kann?“. Die korrekte Antwort auf diese Frage ist, dass der Haftungsausschluss die Verwendung als primäres Navigationsmittel untersagt.
Das grundlegende Konzept für einen Sichtflug ist allerdings, dass der Pilot sehen muss, wohin er fliegt. In diesem Sinne ist eine OFM Sichtflugkarte eine zweckdienliche Unterstützung. Eine anschauliche Analogie wäre der Vergleich mit der Navigation in einem Auto: ein Sichtflug-Pilot entspricht einem Autofahrer, den nach Straßenschildern navigiert, sich dabei aber auch von einem Navigationssystem unterstützen lassen kann. Man hat argumentiert, dass eine zertifizierte VFR-Karte geeignet wäre, legale Probleme zu vermeiden, zum Beispiel beim unbeabsichtigten Einflug in ein Flugbeschränkungsgebiet. Aber es ist nicht ratsam, diesen Standpunkt zu vertreten, weil – um bei der Analogie zu bleiben – ein fehlerhaftes Navigationssystem keine akzeptable Entschuldigung dafür wäre, an einer roten Ampel nicht stehenzubleiben. In dieser Hinsicht scheint es wesentlich, darauf hinzuweisen, dass fast alle kommerziell verfügbaren Sichtflugkarten einen entsprechenden Haftungsausschluss haben, meist jedoch in ziemlich kleiner Schrift.
Die nächste Fragestellung ist die der Möglichkeit, eine Zertifizierung für die OFM Datenbank zu erhalten. Doch das wäre ziemlich langwierig, vielleicht sogar unmöglich. Der Grund dafür ist, dass nahezu jeder Zertifizierungsprozess, auch der für aeronautische Daten, voraussetzt, dass die an dem Prozess beteiligten Personen selbst als kompetent für die zu erfüllende Aufgabe zertifiziert sein müssen. Diese Voraussetzung ist mit dem Konzept von „ Crowdsourcing“ (der Auslagerung einer Aufgabe an eine große Anzahl freiwilliger Mitarbeiter im Internet) nicht zu vereinbaren. Dies wäre nur möglich, wenn jede Komponente des Systems durch zertifizierte Experten überprüft werden würde. Und selbst wenn man diesen Ansatz umsetzen würde, um damit lediglich eine Zertifizierung zu erreichen, würde dies den wesentlichen Vorteil des Crowdsourcings ad absurdum führen: dass nämlich die Qualität ein direktes Resultat der Teilnahme einer großen Anzahl von Kontributoren in einem Team ist (Kollektive Intelligenz). Ein Hauptbestandteil des Crowdsourcing-Konzepts beim OFM-Projekt ist die Geschwindigkeit, mit der Änderungen im Datenbestand durchgeführt werden können: dies geschieht bei OFM in der Regel innerhalb weniger Stunden, bei Karten anderer Anbieter kann es mitunter Monate dauern. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung im 28-Tage AIRAC-Zyklus könnte der Zeitverzug, der durch den Engpass einer Experten-Zertifizierung entstünde, sogar die Wahrscheinlichkeit des Veröffentlichens fehlerhafter oder nicht mehr aktueller Daten erhöhen. Spinnt man diesen Gedanken weiter, würde es zu der Fragestellung führen, ob Zertifizierung zwangsläufig zu höherer Qualität führt. Tatsächlich gibt es Beispiele aus der Praxis, bei denen zertifizierte Komponenten oft von minderer Qualität sind. Doch hier ist nicht die richtige Plattform für eine derartige Diskussion, und weil die Zertifizierung in der Luftfahrt eine bedeutende Rolle spielt, müssen wir lernen, zertifizierte und nicht zertifizierte Hilfsmittel und Ausrüstung zu kombinieren.
Das Prinzip hinter dem OFM-Projekt ist, dass die beste Methode zur Sicherstellung einer hohen Datenqualität die Beteiligung einer möglichst großen Anzahl von Leuten ist. Linus Torwald wird zitiert mit „ given enough eyeballs, all bugs are shallow“ („Wenn man genügend Augen hat sind alle Bugs ein Klacks.“). Man muss dabei berücksichtigen, dass wir über Qualität von Daten sprechen, die sich dynamisch verändern. Je mehr Menschen in diesen Prozess involviert sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass eine Unzulänglichkeit entdeckt wird.
Möglicherweise wird es noch sehr lange dauern, bis offizielle Stellen und Behörden erkennen, dass es riskanter ist, sich auf die Arbeit eines einzelnen zertifizierten Experten zu verlassen als auf den Beitrag von einhundert intelligenten und engagierten Amateuren. Ein erster Schritt ist, dass OFM Karten bereits heute in einer Anzahl kommerzieller Anwendungen verwendet werden, genau wegen der hohen Aktualisierungsrate in der Datenbank.